5 – Tagebuch vom 5.November 2023

Mein Tagebuch,

selten schreibe ich zuerst online, aber hier soll es sein. Nachdem ein paar Online-Beiträge tagebuchbasiert waren, nun also umgekehrt.

Normalerweise ständen jetzt rechts oben in der Ecke das Wo und Wann. Jetzt also hier.

Wieder mal ging es nicht nach Plan. Der war: Am 3.11.23 kommt meine Sitzgruppe geliefert, am 4. und 5. November ist Handballturnier, am 6. fahre ich in die zweite Ferienwoche in den Urlaub. Und da ist nur Suanbo als erster Anlaufpunkt vorgesehen. Mit dann weiteren Plänen für die Woche und für Japan zu Weihnachten.

Es kam dann aber so: Der vorher länger geplante Aufenthalt in Seoul wegen der Rollerpapiere war über Nacht geklärt, so dass ich einen ganzen schönen Freitagabend mit Everquest II verbringen und dann am Samstagmorgen entspannt zum Handballturnier zur Seoul National University, Gwanak Campus fahren konnte. Allerdings waren am Freitag, dem 3.11.23, noch keine Möbel geliefert worden.

Beim Handball war für meine 2.Mannschaft (Challenger) nach 3 Spielen Schluss, nach einem Unentschieden, einer Niederlage und einem Sieg, weil die anderen Mannschaften halt so spielten, dass es für uns nicht reichte. Damals, 2010 durften die Ausländer auch nicht gewinnen, vor allem nicht gegen die Veteranen, dafür wurde gesorgt. Diese dunkle Seite hatte ich schon erfolgreich aus meinem Gedächtnis gelöscht und verdrängt. Nun denn, letztendlich waren wir am Ende auch nicht konsequent und schnell genug, um es unzweifelhaft zu machen… Die 1.Mannschaft (Champions) machte es eindeutiger und zog in die nächste Runde ein. Scheiterte am Sonntag und waren auch raus.

Und hier kommt etwas, wo ich meine Worte weise wählen muss. Um nicht arrogant zu wirken oder ignorant, großkotzig oder überheblich: Das Championsteam braucht einen besseren Torhüter. Oder besser gesagt: Sie braucht einen Torhüter! Der jetzige ist nämlich keiner. Er hat Angst vor dem Ball („I am terrified of the ball!“) und der Grund, warum er sich nie über Schiedsrichterentscheidungen aufregt, ist so traurig wie banal: Er kennt die Regeln nicht! Das erzählte er mir gestern beim Turnier. Er hat keine Ausbildung und keine Erfahrung. Der einzige Grund, warum er mit der 1.Mannschaft spielt, ist der, dass er in Seoul schon länger dabei ist. Und es ist ja auch nachvollziehbar, dass man „seinen“ Goalie nicht einfach gleich ersetzt, sobald der nächstbeste kommt. Teamtradition oder -anerkennung. Völlig verständlich. Und dennoch. Vielleicht war dieses Turnier erstmal der letzte Einsatz, vielleicht halten sie an ihm auch noch länger fest. Fakt ist: Mit ihm kann man kein Fast-break-Spiel machen, weil er nicht passen kann! Und das fehlt dem Team, ganz deutlich sichtbar beim Turnier. Nicht, dass der Goalie nicht ab und zu richtig stand, aber meistens war die Abwehr vorher schon zu gut, als dass er hätte aktiv werden müssen. Ein blindes Huhn… und einfach da sein. Und Pässe werfen kann er nicht. Nicht ein einziger kam beim Passtraining an! Das ist nicht übertrieben – es kam KEINER an! Über Technik brauchen wir nicht reden. Er hat keine. Er ist einfach nur „im Tor“. Aber selbst im Training meinte er zu mir, dass er ja nun keine Chance mehr hätte, weil ich ja nun da sei.  Wenn ich gesund und unverletzt bleibe, werde ich mir meinen Platz einfordern müssen! Naja, zumindest für mein, dann letztes, Turnier. Man möchte ja auch mal Erfolg haben. Und der Teamchef meinte nicht ohne Grund, er sähe Potenzial in mir. Nun, irgendwann muss er sich dessen bedienen. Wir werden sehen.

Nach dem nun doch kürzer geratenen Turnier ging es in eine der drei in der Nähe liegenden Saunen, bzw. Djimjilbangs. Mit JP (Jean Paul, mit 45 zweitältester im Team nach mir), der in der Sauna sehr oft furzen musste (wegen des Biers, dass er nach dem Spielen in einem Restaurant bei Pizza und Chicken verdrückte), aber mir gute Tipps bezüglich Japanreise bzw. -Hotel zu Weihnachten geben konnte. Er ging nach der Sauna, ich blieb über Nacht. Da fällt mir ein, erstmal die Saunaliste weiterzuschreiben.

Niedliches kleines Djimjilbang mit vielen Schlafmöglichkeiten: Kojen, viele Räume, selbst in dem Saunabereich, Snackbar und Restaurant, die immer aufhatten (auch in der Nacht), Bulgama (Back- oder Pizzaofen, wird mit offenem Feuer angezündet zum Anwärmen), Eisraum, das wars. Aber viel Schlafplatz für eine so kleine Djimjilsauna. Das Heißwasserbecken mit 44°C war mein Highlight!

Done.

Um so schlimmer war dann der nächste Morgen. Regen. Aber ich hatte ja neue Regensachen, also was sollte schiefgehen? Beim Losfahren (der Roller sprang nur widerwillig an) nieselte es, ging in Regen über und sorgte schon beim Verlassen der Stadt dazu, dass mein Navi ständig wegsprang vom Bildschirm. Die Regentropfen hatten die Kontrolle übernommen. Meistens reichte ein kurzes Antippen, um die App wieder in den Vordergrund zu holen. Aber es nervte. Der Regen wurde stärker und jetzt muss ich auch hin und wieder mal anhalten. Irgendwann, die Handschuhe waren zum Auswringen nass, musste ich einen Komplett-Stopp machen. Handyhalter irgendwie anders anbringen, geschützter, weniger anfällig. Ich beneidete die intelligenten Aufbauten der Lieferdienstfahrer, die die unterschiedlichsten Methoden gefunden haben, den Niederschlag vom Bildschirm fernzuhalten. Ich schaute auf mein Display und sah nicht nur die Nachricht, dass meine Möbel (zwei Tage zu spät) geliefert worden waren (gestern hieß es noch, sie kämen dann in 2-3 Werktagen, jetzt war es Sonntag), sondern auch, dass ich mit 74km tatsächlich schon genau die Hälfte des Weges hinter mir hatte. Ich war längst nicht mehr in Seoul, aber immer noch in der Stadt. Kaum hatte ich meine Halterkonstruktion fertig, hörte der Regen auf. Und das blieb auch bis Suanbo so.

Einen Weg zu finden, der einen Motorrad- oder Großrollerfahrer ohne Einschränkungen oder Verkehrsvergehen schnell an sein Ziel bringen, ist durch Naver-, Kakaomaps oder Sygic so viel einfacher geworden. Früher hatte ich einen englischen Straßenatlas, der gut für die Übersicht, aber nicht sehr genau war und später dann dazu einen dicken koreanischen, der sehr detailliert, aber schlecht für die Übersicht war. Ich erinnere mich, dass ich oft einfache Ausdrucke dabeihatte. Was das Papier einem dann ab 2009/2010 dann nicht mehr sagte, war, dass die guten koreanischen Verkehrsbehörden mal eben Straßenabschnitte einer normalen Bundesstraße zur Autobahn („Motorway“) deklarieren würden. Bei einstelligen Straßen geschah das immer häufiger. Es war mal möglich, in schöner gerader Strecke auf zweistelligen und einstelligen Straßen nach Suanbo zu kommen. Und auf einmal war ein Straßenabschnitt auf 2-3 km Länge „Motorway“. Das bedeutet, dass dort Motorräder nicht fahren dürfen, denn die sind seit jeher verbannt. Das kommt noch aus Zeiten, wo es nur kleine Liefermotorräder gab, das beweist auch das Verbotsschild, ein durchgestrichenes Liefermoped.

Wiki meint: „Motorcycles‘ access on expressways (고속도로 gosok doro) was prohibited by a Notice of the Ministry of Home Affairs on 1 June 1972“. Motorradclubs und Vertreter aus Politik und Wirtschaft versuchen sich an Lobbyarbeit, aber ein Ergebnis werde ich hier nicht mehr erleben. Es sei denn, ich besorge mir eine große BMW oder Harley und fahre im Trupp mit, denn die ignorieren das Gesetz und protestieren so auf ihre Art dagegen. Aber will ich das? Nein, gerade die kleinen Straßen haben es mir angetan! Allerdings ist das erste Rausfahren schon sehr viel stressiger. Andererseits ist das Zurückfahren manchmal einfacher, weil nämlich fast jeder Autofahrer glaubt, dass der Motorway der schnellste Weg ist. Ist er aber nicht, vor allem nicht am Sonntag! Wenn ich die Auffahrtsschlangen sehe, feixe ich mir eins! Besser so.

Angekommen in Suanbo, bis auf die Handschuhe ist alles längst getrocknet, der erste Schock: „Das billigste Hotel am Ort“ (nach „Lonely Planet“) ist es nicht mehr – die Preise haben sich mehr als verdoppelt im „Limon Oncheon Spa Hotel“, welches früher nicht so hieß. Und Räume gäbe es keine. Oder zumindest noch nicht jetzt, um halb drei. Na, dann komme ich später wieder. Erstmal essen. Rüber ins Restaurant, wo ich zuletzt mit Warti war, es gab damals gutes Essen und viel Bier und Soju, der Besitzer hatte getanzt, als ich das „Drei kleine Bärchen“-Lied sang. Rein, wiedererkannt. Natürlich! Dazu der Verweis auf das wirkliche letzte Mal, am 29.12.2019, als ich mit Jaehan vorbei kann nach unserem Templestay – das hatte ich total vergessen! Der Dankeszettel, auf dem ich mich tausendmal bedankt hatte für tausendfache Gastfreundlichkeit, hing noch immer an der Wand. 😊
Die Besitzerin erklärte mir, dass der Besitzer des „Limon“ gewechselt hätte und es jetzt ein schickimicki Hotel gehobenen Anspruchs sei. Ich sagte ihr, ich würde mal bei Naver schauen, was es noch so gäbe. Hatte ich nicht bei „Coupang“ einen Coupon gesehen für ein Hotel in Suanbo? Mal sehen – ja, tatsächlich! Aber auch „nur“ über 75.000 Won für die Übernachtung im „Suanbo Oncheon Healing Hotel“. Und – für heute ging es nicht anzuwenden. Mist! Weitersuchen. Die gute Frau war kurz weg und als sie wiederkam, meinte sie, ich könne für 100.000 Won (ca. 70 Euro) in dem Hotel hinter dem Restaurant für 2 Nächte unterkommen. Sie kenne kenne Besitzer und hätte mit ihm geredet. Super! Wie heißt das Hotel? „Suanbo Oncheon Healing Hotel“!
Es zahlt sich aus, wenn man Leute kennt! Ich musste IHR versprechen, dass ich am Abend in SEINEM Restaurant essen würde! Vielleicht war das der Deal? 😉
Das Restaurant ist ne Chickenbude, und Chicken – das können die Koreaner!

Und da sitze ich nun und futtere leckere, scharfe Drumsticks. Viel zu viel, aber mampf!

Schaun wir mal, was die zweite Ferienwoche so bringt.

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