10 – Pusan – Osaka – Kyoto – Tokio (3)

3 – Kyoto

22.12.2023

Ich verlasse mein Hotel und kämpfe mich durch das Bahn-Chaos. Das muss man erstmal begreifen! Von wegen „U-Bahn-Netz“. Das merkst du, wenn du die U-Bahnkarte aufhast und trotzdem deine Verbindung nicht findest. Wer ahnt denn, dass Japan Railways (JR) – Züge da nicht drinstehen! Und wenn es dann noch private Zuglinien gibt, wird es ganz kompliziert. Glücklicherweise funktioniert Google! Der Tipp von Jacob, die Hankyu Kyoto Linie zu nutzen war ein guter (günstiger Preis), jedoch ist die nicht auf der U-Bahnkarte. Weil sie, genau, eine JR-Linie ist. Nicht zu verwechseln mit JR-Fernzügen.
In Seoul muss man nicht wissen, in welcher Zugehörigkeit die Züge zu suchen sind. Alles in einem Plan. Anders hier. So fahre ich mit dem Zug zu weit, da er nicht am Kyotoer Bahnhof hält, sondern schön daran vorbei fährt. Hin und wieder kommen Durchsagen, wo etwas von einem Bus geredet wird. Ein Blick auf Maps sagt mir, dass ich schon zu weit bin und steige aus, um wieder einzusteigen in die andere Richtung. Da, wo angeblich ein Round Trip Bus zum Bahnhof fahren soll, steige ich aus. Und finde keinen Hinweis, wo denn dieser Bus fahren soll. Ich frage Passanten, die zwar die Köpfe zusammenstecken, sich aber auch nicht sicher sind. Zwei chinesische Touristen helfen mir auch nicht wirklich weiter.
Irgendwann, nachdem ich aufs Land und sein Verkehrssystem geschimpft habe, finde ich tatsächlich eine Bushaltestelle, von der der Bus gerade abfährt, aber mich leider nicht mitnimmt. Nach wiederholtem Fluchen und weiterer Unsicherheit, wo denn nun die Bushaltestelle ist: da, wo es auf der Map sagt und wo an einer Wand ein Fahrplan klebt oder da, wo der offizielle Ort mit einem Schild markiert ist (dazwischen liegen zwar nur 40m, aber wenn du nicht da stehst, nimmt dich niemand mit), entscheide ich mich für den Klebefahrplan und liege richtig damit. Der Bus hält, ich zücke meine IC-Karte, mit der man überall digital abgerechnet fahren kann, um mir vom Busfahrer harsch sagen lassen zu müssen „only Cash“, steige hinten im Bus ein (vorne steigt man bezahlend aus), 100 Schulkinder machen Krach und lassen mir kaum Platz für mich und mein Gepäck. Dass das nicht der Zubringerbus zum Bahnhof sein kann, wird mir spätestens jetzt klar. Ach, dass an der Tür stand, man möge keine Koffer mit reintragen, hätte mich schon stutzig machen müssen. Und nix digital. Selbst das Bezahlen mit dem Geldschein am Ausgang ist nicht selbstverständlich, denn dort am Ausgang des Busses kann man nicht mit einem Geldschein bezahlen! Ich kann lediglich den Schein wechseln und die Münzen, die rauskommen, sind kein Wechselgeld, sondern Tauschgeld. Ich brauche 3x so lange zum Auschecken wie andere.

Endlich angekommen am Kyoto-Bahnhof probiere ich aus, wie man eine Shinkansen-Fahrkarte am Automaten bestellt. Ich komme bis zum Bezahlen, aber aussuchen, in welcher Klasse ich reisen möchte, das konnte ich bis dahin nicht. Und ich will ja, wenn schon – denn schon, 1.Klasse reisen! Die Schlange hinter mir wird länger, ich lasse es erstmal. Habe ja 3 Nächte hier.

Die erste Attraktion befindet sich gleich hinterm Bahnhof – ein 131m hoher Turm, der Kyoto Tower, mit einer Aussichtsplattform in 100m Höhe. Mit Koffer schlecht, also Coin lockers suchen. Das Schließfach schluckt meine erste Münze, als ich merke, dass 500Yen-Münzen hier nicht passen. Und es kostet 700 Yen! Keine Scheine, keine digitale Schließmöglichkeit – Mittelalter! Ich spreche eine Gruppe Japaner an, ob sie mir die 500 wechseln können und sie suchen zusammen. Aus jeder Brieftasche gibt es ein paar Münzen. Ohne Sprachkenntnisse und ohne Probleme! Ich danke und sie gehen zum 5m entfernten Geldwechselautomaten, den ich nicht als solchen erkannt hatte! Wir schauen uns an und lachen und ich kann meinen Koffer verstauen.

Der Turm ist nice und man heute eine irre Sicht! Das Wetter ist prima und man kann sogar ohne Probleme und mit bloßem Auge den Abeno Harukas in Osaka sehen, und der ist 50km entfernt! Rechts soll man auch an Osaka Castle sehen können.

Der Turm scheint einen hohen Bekanntheitsgrad zu haben aufgrund einer Manga-Serie. Ich vermute, dass „Kyoto Tower Hotel“ der Name ist.

Ansonsten erster Eindruck: Cheesy Christmas, japan style. Viel Weihnachtskitsch, wie in Seoul auch, vielleicht etwas detaillierter.

Die Bierauswahl hier ist gut. Allein die von „Suntori“, eigentlich eher bekannt durch den Whisky, den Bill Murray in „Lost in translation“ in die Kamera halten soll, ist schon beeindruckend.

Suntori hat die Finger in allem Möglichen, wie es scheint. Spielte „Lost in Translation“ nicht auch in Kyoto? In der Tat! Zufälligerweise hab ich ein fast identisches Bild geschossen!

Filmszene und mein Bild:

Lustige Übersetzungen oder Namen von Firmen, wenn sie denn auf Englisch sind, findet man überall. Vieles kann ich in Japan nicht lesen, die Japaner benutzen ja keine Buchstaben wie die Koreaner. Daher kann man praktisch nur das lesen, was mit unseren Buchstaben geschrieben ist oder, was Google Lens hergibt. Tatsächlich ist Google Lens die wichtigste App hier in Japan für mich geworden. Das geht los bei der Orientierung und hört nicht auf beim Entschlüsseln, was denn das für ein Essen ist!

Google funktioniert, auch Google Maps. Daher finde ich leicht meine Unterkunft – ein „Capsule-Hotel“, also ein Schlafkapselhotel, wie es typisch für Japan ist. Günstig und sauber. Wie ein Djimjilbang, nur mit zugeteilten Kapseln und anderen Annehmlichkeiten. Eine davon ist mein „Raum“. Ich habe die Premium Kapsel, oder, wie Booking.com sagt, ein „Premium Kapsel Zimmer“ im Capsule Hotel Anshin Oyado Premium Resort Kyoto Shijo Karasuma.

Es immer schwummerig im Kapselbereich, aber noch lange nicht Zeit zum Schlafen. Also auf, nochmal die Umgebung erkunden.

Nachtlichter haben mich schon als Kind begeistert. Auch hier gibt es schöne. Als der Hunger kommt, kommt auch wieder Frust – so viele, nur japanische Aushänge vor den Restaurants. Und wenn mal etwas in englischer Sprache steht, dann „We don‘t have an English Menu.“ Und wir sprechen auch nicht Englisch und wir schauen auch nicht auf deine Übersetzer-App. We don‘t fucking care. Geh woanders hin!

Ich finde ein Restaurant mit deutlichen Bildern und minimal engl. Beschriftungen. Waigu-Rind! Jaa, oh, nur eine Scheibe, egal, wenn man schon mal hier ist. Einen Pflichtsalat gibt es vorher. Das Essen braucht ewig, bis es da ist und dann kommt: eine Scheibe Rindfleisch. Die ist 1,5mm dick und wird mit einem Handbrenner gegart am Platz. Kostet 10 Euro. Nur die Scheibe! Ein kleiner Reisball kommt eine Viertelstunde später und macht mich auch nicht satt. Ich werde in diesem Land nicht satt.

Die nächsten zwei Tage Sightseeing, 360°-Videos, Touri-Stuff. Alles ungeführt, auf eigene Faust. Schöne Shoppingstraßen, schöne Tempel, schöne Lichter, schöne Bilder.


Was mache ich heute? Erst Bambuswald oder erst die Tore? Bambuswald. Aber man muss ja nicht alles direkt mit der Bahn anfahren. Ich suche mir eine gutgelegene Bahnstation und wandere dorthin erstmal 3km. Auf dem Weg liegen eine Burg mit Graben aus dem drövsten Jahrhundert. Mehr weiß ich nicht, da Eintritt für ein bissel Burg bissel teuer ist. Tripadviser sagt auch „meh“. Dann mit der Bahn zum Wald. Ich bin zu spät, er befindet sich hinter einem Berg und ist schon um 15:15 Uhr dunkel.

Ich nehme ein 40-Euro-Taxi diagonal durch die Stadt, um die letzten Sonnenstrahlen bei den 1000-Gates zu erhaschen. Dann ists es schnell dunkel, es ist Heiligabend und ich stehe zwischen den 1000 Toren, um erst mit Mielchen und dann mit Familie Videocalls zu machen. Das ist schön.

Ich nehme die Bahn (Achtung, nicht in das „Nur-Frauen“-Abteil einsteigen!), fahre zwei Stationen und gehe den Rest zu Fuß. Das Kapselhotel hat ein schönes Onsen.
In der Nacht gegen 3 Uhr Uhr ists in Oebisfelde 19 Uhr und damit Bescherung. Ich bin die ganze Zeit dabei! Leider konnten meine Geschenke nicht verteilt werden, die Pakete waren noch nicht angekommen.

Ich kann ausschlafen und stehe pünktlich an der Rezeption, um auszuchecken. Gegen 12 Uhr fährt mein Zug nach Tokio. Ich habe Zeit und gehe zu Fuß zum Bahnhof.

Tokio, ich komme!

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